08 Jun Tom Sieverts zum Geburtstag
Die verstädterte Region gleicht heute einem Meer des Zufalls mit Inseln der Ordnung. Alle Versuche, etwa mit Hilfe von Grüngürteln, Grünzügen oder Regionalparkkonzepten diesen neuen und eigensinnig fließenden Raum zu stoppen und als ein traditionell Ganzes zu formen, scheitern bislang überall. Der Zusammenhang von Funktion und Form ist immer noch sehr schwer zu begreifen. Nur im digital gespiegelten Raum gelingt das Bild einer Stadt, die es eigentlich gar nicht gibt.
Fotos: »Internationaler Platz der Begegnung« an der B3 zwischen Alsbach, Bickenbach und ZwingenbergThomas Sieverts hat vor nahezu 20 Jahren ein Angebot gemacht, diesen Zustand zu ändern. Er hat den Raum, in dem am Ende des 20. Jahrhunderts die überwiegende Mehrzahl der Menschen in Deutschland lebt und der in der historischen Perspektive nicht mehr Stadt ist, in den Prozess der Urbanisierung eingeordnet. Er hat ihn als städtebauliche Realität anerkannt. Sieverts hat vor allem etwas ganz Einfaches, doch gleichwohl Grundlegendes und daher nicht hoch genug zu Schätzendes geleistet: Indem er der abschätzig ‚Siedlungsbrei’, ‚Speckgürtel’, oder technokratisch ‚Ballungsraum’ und ‘Verdichtungsraum’ titulierten Sphäre des Randes und des Transits einen eigenen Namen gegeben hat: Zwischenstadt! Damit hat er den größten Flächenanteil des urbanisierten Raumes aus der diskriminierenden Sprachlosigkeit befreit. Unter Zuhilfenahme des Stadtbegriffs wird Zwischenstadt eine eigene kulturelle Identität attestiert. Das ist in jedem Fall der Anfang für eine Kommunikation auf Augenhöhe, für einen produktiven Wettbewerb um Ziele und Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung von Stadt und Zwischenstadt.
Zwischenstadt nutzt den Wertbegriff Stadt wie eine Brücke von der alten in eine neue Zeit. Doch über diese Brücke wagen sich auch nach fast 20 Jahren nur wenige. Wo sind die deutschen ‚Retrofitting Suburbia’- Konzepte? Welcher ‚Developer’ macht sich endlich daran, die ‚Mitte(n) am Rand’ zu bauen? Warum nicht mal zur Abwechslung die Zwischenstadt gentrifizieren? Die Inseln der Ordnung sind zwar schön und gut: Doch wie lange werden sie dem Druck des Immobilienmarktes standhalten? In der Zwischenstadt ist genug Platz für Visionen und Experimente. Tom Sieverts hat die Zukunft im Blick. Jünger kann man mit 80 nicht sein.
In der Zwischenstadt ist genug Platz für Visionen und Experimente. Tom Sieverts hat die Zukunft im Blick. Jünger kann man mit 80 nicht sein.
Wir gratulieren unserem Beiratsmitglied ganz herzlich!
Wolfgang Christ & das UII-Team